Zu dem Müggenfett, das der kluge Hans im Mecklenburgischen für einen Schilling holen muß (Nieders. 12, S. 342 f.), möchte ich bemerken, daß dies so unansehnliche Objekt in Heede (unteres Emsland) den Gegenstand eines regen Handels auf der „Häier Müggenkärmse“ bildet, die am 3. Sonntag im Oktober stattfindet. Schon Wochen vorher disputiert man im Emsland darüber, wieviel „datt Pund Müggenfett“ dort wohl kosten mag, und – sollte man es glauben – es gibt allerlei geweckte Kinder, die diese Utopien mit offenem Munde andächtig anhören.
Die Heeder Kirmeß ist (nach der Haselünnschen, die eine Woche später fällt) die letzte im Reigen der emsländischen Kirmessen, und um die Zeit ihrer Feier nehmen die lästigen Müggen (Fliegen) meist vor der anrückenden Kälte Reißaus. Daher die „Müggenkärmse“.
Zum Entstehen dieser Mythe trägt auch noch die Armut des Dorfes bei, das zum großen Teile dem Grafen von Galen (als Erben der Herren von Heede) gehört, ein kleinerer Teil (das ehemalige Scharpenborg) den belgischen Herren Leenarts van Ingenhop.
Dr. H. Schönhoff
Quelle: Niedersachsen Illustrierte Halbmonatsschrift für Geschichte, Landes- und Volkskunde, Sprache, Kunst und Literatur Niedersachsens
12. Jahrgang 1906 - 1907