Von H. Abels.
Seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts begann man in einem großen Teile Deutschlands nach dem rheinischen Goldgulden zu rechnen, auch in dem Stifte und Niederstifte Münster wurde er mehr und mehr als Einheitsrechenmünze angenommen und angewandt, bis er um die Mitte des 15. Jahrhunderts bei den Behörden allgemein eingeführt war und auch im privaten Leben meist als Währungs=Grundlage im Gebrauche stand.
Man muß aber dabei beachten, daß dieser Gulden, wie auch die sonstigen aus edlen Metallen hergestellten Münzen in ihrem Werte schwankten, weil sie zu verschiedenen Zeiten in verschiedener Güte ausgeprägt wurden, deshalb ist es, abgesehen von dem Sinken des Geldwertes so schwer, für bestimmte Zeiten den Münzwert im Verhältnis zu den heutigen konstanten Währungen mit Genauigkeit anzugeben, oder wie der Fachmann zu sagen pflegt, zu wardieren.
Der rheinische Goldgulden wurde seit 1372 bis über die Mitte des 16. Jahrhunderts geprägt, aber von Prägung zu Prägung geringwertiger. So hatte der im Jahre 1464 geschlagene 2,695 Gramm Feingehalt an Gold, das Verhältnis von Gold zu Silber war damals durchschnittlich 1:11. Somit war ein Goldgulden = 2,695 mal 11 = 26,645 Gramm Silber. Dies letztere Quantum Silber ist aber in den Reichsmünzen im Werte von 5,336 Mk. enthalten.
Es kommt aber für die Bewertung des Geldes nicht so sehr auf Nennwert, sondern auf die Kaufkraft an, und diese müssen wir, um zu der richtigen Abschätzung zu kommen, zum Vergleiche heranziehen.
Um ein Beispiel zu nehmen, finden wir in Nieberdings Geschichte des Niederstifts Münster, Band 1, Urkunden=Verzeichnis S. 400, Nr. 94, 95 und 96, daß ein Erbe (Bauernhof) in den Jahren 1472 bis 1473 80 rheinische Goldgulden kostete, also etwa 400 Mk. nominell nach der Währung vor dem Weltkriege. Der Grundstückswert in der Diepholzer Gegend dürfte sich im Durchschnitt mit dem in den meisten Bezirken des Emslandes wohl ziemlich die Waage halten. Danach muß damals der Wert des gemünzten Geldes mindestens um das Zwanzigfache höher gewesen sein als jetzt.
Nehmen wir nun ein zweites Beispiel aus dem Emslande selbst. Nach dem Abfindungsvertrag der Daye von Heede, Schwester des Majoratsherrn Steven von Heede, vom 12. Mai 1460, als diese sich mit Coep Hattens verheiratete, der in Dörpen begütert war (Mepp. Ukb. Nr. 314) erhielt diese 200 rheinische Goldgulden, die aber nach damaliger Gepflogenheit nicht bar ausgezahlt, sondern in eine lebenslängliche Rente umgerechnet wurden. Nach dem Vertrage zahlte Steven von Heede dafür jährlich 10 Molt Roggen aus seinem Zehnten in Oldenmeppen, der ihm zur Hälfte gehörte (Mepp. Ukdb. Nr. 378). Das Molt Meppisch hatte 5 Vierup. Rente und Zinsen waren damals derselbe Begriff. Nach den Ausführungen Nieberdings a. a. O. Urk. 84, 89, 91, 104 scheint der Zinsfuß um diese Zeit von 4 1achtel bis 8 Proz. geschwankt zu haben. Nimmt man als Durchschnitt 6 Proz., so wären 10 Molt für 200 Gulden = 12 Gulden, das Molt also 1 1sechstel Gulden wert gewesen. Das Molt hatte somit nach der jetzigen Reichswährung einen Wert von 6,225 Mk., das Vierup (ein halbes Hektoliter) einen solchen von 1,245 Mk. Die Rente der Daye stellte daher nach unserer Rechnungsweise einen Jahreswert von 62,25 Mk. dar, nach dem Geldwert vor dem Kriege etwa 2345 Mk. – Zum Vergleich ist bemerkenswert, daß nach einer Urkunde bei Niederding a. a. O. Nr. 91 der Junker Otto von Diepholz 1455 seinem Bastardsohn Johann 200 Gulden „Aussteuer“ und dafür 16 Gulden Rente verschreibet.
Es muß hierbei in Betracht gezogen werden, daß diese Aussteuer nicht von den Lehensgütern, sondern von dem „Alingen-Besitze“, also dem Allod= oder dem Privatvermögen gegeben wurde, und daß das Haus Heede damals in seinem höchsten finanziellen Glanze dastand. Steven von Heede war ein sehr unternehmender Mann; er hatte in der Umgebung von Meppen erhebliche Besitzungen und auch in Meppen selbst ein eigenes Haus.
Quelle: Mein Emsland 8. Jahrgang 1932 Beilage zur Ems-Zeitung
Druck und Verlag: Buchdruckerei der Ems-Zeitung L. Rosell, Papenburg