Unter den großen emsländischen Persönlichkeiten war er derjenige, der in seinem Leben die wohl schwersten Schicksalsschläge erlitt: Im Verlauf seines Lebens verliert er seine Frau und seine sechs Kinder. Als Lehrer wurde er von einem Halsleiden befallen, das ihm die Stimme raubte. Als Journalist und Redakteur schwand seine Sehkraft. Aber er ließ sich nicht „unterkriegen“. Er, Hermann Abels aus Heede, entwickelte Energie und Lebenswillen, die heute noch erstaunen lassen.
Betrachtete man sein Gesicht näher, dann erkannte man einen ausgeprägten Charakter: Hinter seiner Nickelbrille wurden große Augen sichtbar, die scheinbar offen in die Welt hinausschauten. Ein großer Bart, strähnig und grau, offenbarte eine gewisse prophetische Würde. Streng nach hinten gekämmt waren die Haare und legten eine hohe Stirn frei.
Hermann Abels hatte es nicht leicht in seinem Leben. Dabei begann alles so vielversprechend. Geboren wurde er am 13. November 1855 in Heede an der Ems als Sohn eines Landwirts. Schon als Junge zeigt er wichtige Eigenschaften, die sein späteres Leben bestimmen werden: Fleiß, Ausdauer und Intelligenz. Er besuchte das Gymnasium in Meppen und studierte danach Germanistik, Klassische Philologie und Geschichte an der Universität Münster.
Im Jahre 1880 bestand Hermann Abels erfolgreich die Prüfung für das Höhere Lehramt. Er wurde Gymnasiallehrer, zunächst in Lingen und danach in Emden. Vor dem Bauernsohn aus Heede lag ein großes Wirkungsfeld als Lehrer und Erzieher. Aber schon nach zwei Jahren endete diese Karriere jäh: Die Stimme versagte aufgrund eines bösartigen Halsleidens. Er musste – der Not gehorchend – den Beruf wechseln.
Im Jahre 1882 zog er nach Münster und trat eine Stelle als Redakteur beim „Westfälischen Kurier“ an. Schon ein Jahr später, 1883, ging er nach Berlin zur Zeitschrift „Germania“, dem führenden Presseorgan der Zentrumspartei. Aber auch hier blieb er nur ein Jahr. 1884 arbeitete er in Aachen bei der „Aachener Volkszeitung“. Hier wurde er für ein paar Jahre sesshaft, bis er 1889 nach Gelsenkirchen berufen wurde. Aber auch Gelsenkirchen war nur eine Zwischenstation.
1892 bekam er ein neues und großes Wirkungsfeld: Hermann Abels wurde Chefredakteur der politischen Tageszeitung „Westfälisches Volksblatt“ in Paderborn. Von 1892 bis 1917, 25 Jahre lang, übte er ununterbrochen diese Funktion aus. Der Ort wurde ihm zur zweiten Heimat. Er arbeitete an leitender Stelle im „Altertumsverein Paderborn“, im „Egge-Gebirgs-Verein“ und im „Westfälischen Heimatbund“. Neben seinem Beruf betrieb er intensiv Heimat- und Geschichtsforschung.
Aber erneut schlug das Schicksal zu: Er verliert nach und nach an Sehkraft. Daher konnte er ab 1917 den anstrengenden Beruf eines Chefredakteurs nicht mehr ausüben. Er gab diese Stellung auf, blieb jedoch bis 1932 verantwortlicher Redakteur für den heimatkundlichen Teil beim „Westfälischen Volksblatt“.
In Aachen hatte Hermann Abels Mathilde Hoffmann geheiratet, die Tochter eines Volksschullehrers aus Oldenburg. Ihr erstes Kind starb kurz nach der Geburt. Dem zweiten Kind erging es in Gelsenkirchen ebenso. In Paderborn bekamen sie weitere vier Kinder. Drei davon starben an einer Seuche. Ein Sohn, die letzte Hoffnung, nahm am Ersten Weltkrieg teil und starb 1921 an den Folgen des Krieges. 1926 verstarb seine Frau.
Hermann Abels war von diesen Schlägen tief getroffen. In der Besinnung auf die emsländische Geschichte fand er jedoch einen festen Halt. Mit großer Energie und Ausdauer erforschte er Gebiete, die bisher völlig vernachlässigt worden waren.
Besonders interessierte ihn die Christianisierung des Emslandes und das Wirken des hl. Liudger, des ersten Bischofs von Münster. 1924 veröffentlichte er das Buch „Die Christianisierung des Emslandes und der heilige Ludger“ mit Schlussfolgerungen, die die Heimatforscher heute noch beschäftigen.
Im Vorwort schrieb er: „Der Historiker muss daher für die ersten Jahrhunderte sich mit kargem und häufig minderwertigem urkundlichen und bibliographischen Stoffe begnügen und aus Andeutungen Schlüsse ziehen, denen nur mehr oder minder große Wahrscheinlichkeit zukommen kann… Diese gerade von den Urhebern derartiger Darstellungen am meisten empfundenen Mängel dürfen die Freunde unserer heimischen Geschichte nicht abhalten, trotz des dornigen Weges… unverdrossen weiter zu streben und unter getreuer Beachtung auch des unbedeutend Erscheinenden Stein auf Stein herbeizutragen.“
6 Jahre später erschien 1930 das Werk: „Zur ältesten Kirchengeschichte des Emslandes“. Darin befasste sich der Autor gezielt mit einzelnen Emslandorten zur Zeit der Christianisierung. Und wieder hatte er ein dunkles Kapitel in der emsländischen Geschichte aufgehellt.
Zwischendurch hatte Hermann Abels in unermüdlicher Arbeit und mit großem Fleiß die Ortsnamen des Emslandes in sprachlicher und kulturgeschichtlicher Bedeutung untersucht. Das Ergebnis dieser Arbeit veröffentlichte er im Jahre 1927 als Buch. Noch heute gilt diese Arbeit als seine wichtigste. Nach seinen Erkenntnissen der Ortsnamenforschung dürften viele Emslandorte wesentlich älter sein, als man bisher angenommen hatte. Auch seinen Geburtsort Heede untersuchte er ausführlich – das Ergebnis dieser umfangreichen Arbeit konnte bisher noch nicht publiziert werden.
Am 9. Juni 1932 starb Hermann Abels in Paderborn und wurde auf dem Paderborner Ostfriedhof beigesetzt. Die große Bedeutung seiner heimatkundlichen Arbeiten ist unbestritten und von bleibendem Wert für die Nachwelt.
Seine wichtigsten Werke:
Die Christianisierung des Emslandes und der heilige Ludger. Eine kirchengeschichtliche Untersuchung. Osnabrück 1924.
Die Ortsnamen des Emslandes in ihrer sprachlichen und kulturgeschichtlichen Bedeutung. Paderborn 1927.
Zur ältesten Kirchengeschichte des Emslandes. Meppen 1930.
Geschichtliche Untersuchungen über den Ort Heede an der Ems. Ungedrucktes Manuskript.
Quelle:
Dietrichsdorf, Alfons: Der Heimatforscher Hermann Abels aus Heede a. d. Ems.
In: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes Band 23. 1977. S. 62-65.
Aus:
J. Rüschen
Bekannte Emsländer aus vergangener Zeit, 1988