† Hermann Abels
Im Heft 9/1962 der „Warte“ schreibt Baurat Paul Michels aus der Geschichte des Kettenplatzes. In dem Aufsatz wird über den Plan der Errichtung eines Fürstenberg-Denkmals berichtet, der aber nicht zur Ausführung kam. Heute veröffentlicht die „Warte“ einen Beitrag des bekannten ehemaligen Redakteurs des Westfälischen Volksblattes, Hermann Abels †, der von der Errichtung und Weihe der heutigen „Mariensäule“ auf dem früheren „Kettenplatz“ erzählt. Er wurde geschrieben aus Anlass des 60jährigen Jubiläums.
Der 28. Mai dieses Jahres (1920) bringt für den jetzigen Marienplatz, ehedem Kettenplatz geheißen, eine Erinnerung, auf die mit einigen Worten hinzuweisen wohl berechtigt erscheint. An diesem Tage vor 60 Jahren, also im Jahre 1860, dem damaligen zweiten Pfingsttage, wurde durch den in unvergesslichem Andenken bleibenden Bischof Dr. Konrad Martin der Grundstein zu der auf ihm stehenden Mariensäule gelegt, die, entstanden aus freiwilligen Spenden der Bürgerschaft, die Verkündigung des Glaubenssatzes von der unbefleckten Empfängnis Mariä – 8. Dezember 1854 – ständig wachrufen soll. Damals weilte Bischof Konrad mit den großen Scharen anderer Bischöfe aus dem ganzen Erdenrund zur Teilnahme an der Feier in Rom und entfachte nach seiner Rückkehr den Opfergeist seiner Mitbürger für das Denkmal. Zu Libori 1855 bildete sich ein Ausschuss angesehener Herren zu diesem Zwecke unter dem Vorsitz des Justizrats Jakob Kligge, dem ferner angehörten Kreisgerichtsrat Schmidt, Weinhändler Heinrich Everken, Essigbrauer Fritz Rintelen, Kaufmann Anton Heising.
Als Standort wurde der Kettenplatz in Aussicht genommen, auf dem bis 1784 die sodann wegen angeblicher Baufälligkeit abgebrochene, mit ehrwürdigen Erinnerungen an Paderborn seit Bischof Meinwerk verknüpfte St. Pankratiuskirche, „Marktkirche“ („ecclesia forensis“), gestanden hatte.
Die Spenden flossen reichlich, bald war die Ausführung gesichert und Baumeister Arnold Güldenpfennig wurde beauftragt, die Zeichnung des Denkmals zu liefern. Nach dieser erhoben sich vier Streben auf einem vierseitigen Unterbau, in dessen Mitte eine Säule, welche die etwa 2 ½ Meter hohe Figur der Gottesmutter tragen sollte. Die Streben schlossen in Kapitellen, vier Nischen sollten die Bilder der vier großen Propheten Isaias, Jeremias, Ezechiel und Daniel aufnehmen. Auf den Streben erhoben sich wieder vier Säulen, an diesen befanden sich vier Baldachine mit den je 1 ¼ Meter hohen Figuren des hl. Liborius, des seligen Meinwerk, Karls des Großen, Heinrichs II., die sämtlich zu Paderborn in Beziehung stehen. Die vier großen Hauptsäulen trugen über dem Standbilde einen reichverzierten Baldachin, das Ganze endete mit einem turmartigen Bau von acht Säulen, einem Sinnbild der Krone Mariä. Die Herstellung der Madonnenfigur wurde dem westfälischen, in Wien lebenden Künstler Kaspar v. Zumbusch übertragen, die Ausführung dem Steinmetzen Hellweg in Paderborn. Am Tage der Grundsteinlegung war das über 2 ½ Meter hohe Modell, nach dem das Denkmal eine Höhe von 13 ½ Meter erhalten sollte, fertig in der Hellwegschen Steinmetzhütte aufgestellt und fand Beifall. Auch die Fundamentierung war vollendet, wofür die Maurermeister Uhle, Conzen und Cappius die Arbeiten größtenteils unentgeltlich geleistet hatten. Nach diesem Entwurfe fand das Werk seine Ausführung, es zeigte sich aber leider, dass der verwendete Sandstein vielfach schnell verwitterte – mit Ausnahme der Madonnenfigur - , deshalb musste der Unterbau mit dem die letztere überdeckenden Baldachin im Jahre 1892 stark vereinfacht werden, so dass das Bildnis jetzt freisteht auf der Mittelsäule. Vor etwa 10 Jahren hat das Ganze eine notwendig gewordene Ausbesserung und Erneuerung durch den Bildhauer Ferdinand Mündelein aus Paderborn erfahren.
Nach dieser kurzen Übersicht der Geschichte des Denkmals kehren wir zur Grundsteinlegung zurück. Papst Pius IX. schenkte dem Denkmalsplane seine Teilnahme und gab ihr dadurch Ausdruck, dass er dem Oberhirten bei dessen Anwesenheit in Rom 1859 einen schönen Marmorblock aus den Katakomben des heiligen Callistus für den Grundstein schenkte. Dieser wurde in Paderborn künstlerisch verarbeitet und in ihn eine lateinische Pergamenturkunde eingeschlossen.
Der für die Grundsteinlegungsfeier ausersehene Tag stellte sich, was die Witterung betrifft, äußerst ungünstig ein. Sie war auf 10 Uhr vormittags festgesetzt, aber kalter Regen, der in Strömen floss, und Sturm machten die Vollziehung unmöglich. Erst am Nachmittag traten einige freundliche Stunden ein und um 4 Uhr nachmittags zog der Festzug aus dem Dom durch die mit reichem Fahnenschmuck gezierten Straßen zum Kettenplatze, wo eine große Menschenmenge des festlichen Vorganges harrte. Nachdem Bischof Konrad, Weihbischof Freusberg, Bürgermeister Wördehoff, die städtischen Behörden und der Denkmalsausschuss auf den Ehrensitzen Platz genommen, richtete der Vorsitzende des Denkmalsausschusses und des für den Denkmalszweck gebildeten Vereins, Justizrat Kligge, an den Oberhirten und die versammelte Menge eine Ansprache, in der er den Sinn, die Bedeutung und die Berechtigung der Marienverehrung, die Veranlassung zu diesem Feste und den bisherigen Werdegang des Denkmals kurz schilderte, die Gründungsurkunde zur Verlesung brachte und schließlich Bischof Konrad Martin ersuchte, die Grundsteinlegung zu vollziehen. Darauf wurde die Urkunde von den Bischöfen, den Mitgliedern des Domkapitels, dem Bürgermeister Wördehoff, einer Abordnung der Stadtverordneten, mehreren Mitgliedern des westfälischen Adels und dem Denkmalsausschuss unterzeichnet.
Vor der Weihe des Grundsteins hielt Bischof Konrad eine Rede, dann weihte er unter den Klängen des Hymnus „Herr, Gott, dich loben wir“, den Grundstein.
Quelle: Die Warte 23. Jahrgang Heft 10 10 1962
Verlag „Die Warte“, August Thiele – Paderborn