heede-ems.de

Übersicht - Buchausschnitte

Buchausschnitte

Burg Heede

Aus dem Nachlasse des Professors Wenker bearbeitet von Studienrat Geppert.

Wandern wir auf dem alten Heer- und Handelswege von Landegge nach Norden, so gelangen wir zum Kirchdorfe Heede, wo wir auf alten Kulturboden stoßen. Kurz vor Heede liegt der Lehnhof Hunfelde, der dem Kloster Werden a. d. Ruhr gehörte. Bekanntlich war Werden die Lieblingsgründung des hl. Ludgerus, des ersten Bischofs von Münster, der auf seinen Missionsreisen nach Ostfriesland diesen linksemsischen Weg benutzen musste und unterwegs am liebsten auf eigenem Klostergute Rast machte.

Nicht weit von diesem Klosterhof wurde, vielleicht zu seinem Schutze, im Niederungsgebiete der Ems, die Burg Heede angelegt, und da der Weg nach Aschendorf, der nächsten Pfarrkirche zu weit war, so wurde ähnlich wie bei Landegge neben der Burg eine Kapelle gebaut. Eine Tafel im Turme der jetzigen Pfarrkirche, dem ältesten Teile derselben, besagt: „Int Jaer nah der Geburt Christi 900 (?) is desse kerke noch gewest ein Capell an dat Huis tho Heede.“

Als seit dem Jahre 1252 das Emsland an das Bistum Münster gekommen war, wuchs die Bedeutung dieser Burg, denn sie wurde ein Stützpunkt gegen die Holländer, mit denen beständige Grenzstreitigkeiten vorkamen, und sie hat gar manchem Emsländer Obdach und Schutz geboten. Zwar war es dem Bischof von Münster gelungen, nach und nach – von 1316 an – den Grenzstreifen Westerwolde mit dem großen Moore für Deutschland zu gewinnen, aber dieser Besitz blieb stets unsicher, so dass ein verstärkter Grenzschutz am linken Emsufer Not tat. Aus diesen Erwägungen heraus war westlich von Haus Heede ein vorgelagerter Posten entstanden: die Scherpenborg, auch Scharpenborg oder Scharffenburg genannt, während hinter Haus Heede das „Borgenfähr“, die Burgfähre über die Ems die rückwärtigen Verbindungen mit dem rechtsemsischen Hinterland, insbesondere mit den Burgen Ahlen, Osterwedde, Kampe und der Fresenburg herstellte. Wie richtig diese Maßnahmen waren, zeigte sich, als im Jahre 1530 tatsächlich der obengenannte Grenzstreifen mitsamt dem Moore verloren ging. Damals legten die Holländer auf einer Sandzunge im Moore, auf der „Bourtange“, ein Blockhaus an, das sich zur Festung gleichen Namens entwickelte, von wo aus das Emsland ständig beunruhigt wurde, bis der tatkräftige Bischof Chr. Bernhard von Galen diesem Treiben Einhalt gebot (s. die Abschnitte „Scherpenborg“ und „Dankern“).

Zwischen diesen beiden Burgen hat sich das Dorf Heede gebildet, so dass einem Wanderer, der von Süden naht, das eigentümliche Bild, dass nämlich die Kirche am Rande des Dorfes liegt, nicht mehr auffällig zu erscheinen braucht. Als diese Siedlung unter dem Schutze der beiden Burgen größer wurde, entschlossen sich die Ritter von Heede, ihre Kapelle zur Pfarrkirche auszubauen. „Als man schreff 1484, hebben die Waledel und Ehrenfest Wermold von Heede und sine liebe Huisfrow wie ok edelgeborene Walpurgis Lankhals gotseliger gedachnis diese Kerce groter laten bouwen“, vermeldet die Tafel im Turm weiter.
Ein Steinbildnis: Christus am Kreuz, daneben Maria und Petrus (!) an der Außenwand des Chores bestätigt den Abschluss des Kirchenbaues: „Anno domini 1484 un 1, do vort gelecht is dit Chor un Steen.“ Wenn dann aber die genannte Turminschrift am Schluss bemerkt, dass die Familie von Heede noch andere Stiftungen an Land und Gebäude zur Ehre Gottes gemacht hat, so berichten Urkunden aus späterer Zeit, dass aus der Schutzburg fast eine Zwingburg geworden ist. Der 30jährige Krieg war mit seinen schlimmsten Schrecknissen zu wiederholten Malen an Haus und Dorf Heede vorbeigezogen und hatte an Geist und Leib und Gut seiner Bewohner böse Spuren hinterlassen.

Hören wir nur einen Notschrei aus dem Jahre 1657, also 10 Jahre nach Friedensschluss: „Wir haben in diesen verwichenen langwährenden Kriegszeiten aller Beschwernissen mehr als unsere benachbarten Dörfer ausgestanden, weil wir nahest an die ostfriesische Grenze und die Bourtange gelegen sind und alle Pfade hin und wieder durch dieses Dorf gehen.
Weiteres auch, weil der Schweden-General Königsmark an die 4 Wochen sein Hauptquartier im selbigen Dorfe Heede gehabt hat und unser Korn als Roggen, Gerste, Weizen, Hafer alles abgefüttert, item unsere Pferde, Kühe, Schafe, Schweine abgenommen, die Häuser niedergerissen, teils verbrannt (als Lagerfeuer), teils Hütten davon gemacht hat und uns in das äußerste Ruin und Armuth gebracht hat.“

Dass diese so geschundenen und drangsalierten Bauern ihren Verpflichtungen gegenüber den Gütern, zu denen sie gehörten, nicht nachkommen konnten, liegt auf der Hand. Da aber andererseits nach der damaligen Rechts- und Wirtschaftslage die Gutsherren auf diese Leistungen angewiesen waren, so musste das Aufhören derselben auch die Güter zum Ruin führen. Infolgedessen trat anstelle des früheren guten Verhältnisses zwischen Gutsherrn und Gutsbauern eine bedauerliche Spannung ein, die durch die im Kriege erfolgte Verwilderung der Gemüter noch verschärft wurde. Der letzte Junker auf Heede, Johann Otto, verließ als Flüchtling das Schloß seiner Väter und floh, unwert seiner Ahnen – zur Bourtange. Er hatte eine Dienstmagd derart „abgeprügelt“, dass sie starb. Der Leichenbefund durch den Notarius Hermann Ostermann bestätigte die Misshandlung als Ursache des Todes (15. Mai 1665). Der Landesherr Bernhard von Galen sprach den Junker seiner Güter verlustig und belehnte mit dem Burgsitz Haus Heede seinen Bruder, den Erbkämmerer v. Galen. Mitglieder dieses westfälischen Adelsgeschlechtes waren einstens mit vielen anderen Rittern Westdeutschlands über Elbe und Weichsel gen Osten gezogen, um dort Christentum und Deutschtum begründen zu helfen. Sie nahmen Anteil an der Kultivierung Livlands und Kurlands, und als diese deutsche Kulturarbeit späterhin aufs äußerste gefährdet war, als „der tyrannische Bloethund der Russe“, wie sich ein emsländischer Ritter in seinem Brief aus Livland vom Jahre 1562 ausdrückte, mit gewaltiger Kraft gegen die deutschen Ostseeprovinzen drängte, da taten ein Heinrich von Galen als Großmeister in Livland (1551) sowie ein Dietrich von Galen als Obermarschall in Kurland ihr Bestes zur Rettung des Deutschtums im fernen Osten. Jedoch war den Deutschen ein dauernder Erfolg nicht beschieden, so dass der Münstersche Bischof Chr. Bernhard von Galen und sein Bruder den unsicheren Besitz in Kurland verkauften. Als Ersatz hatten sie im Münsterlande Assen erworben u. jetzt um 1665 bot sich ihnen im Emslande ein weiterer Zuwachs in dem erledigten Gut Heede. Gerade an dieser gefährdeten Stelle bedurfte der Bischof eines zuverlässigen Mannes, und keine geeignetere Persönlichkeit konnte er für diesen Grenzposten finden als seinen Bruder, der als Droste des münsterschen Amtes Vechta sich die größten Verdienste um die Verdrängung der schwedischen Besatzungen erworben hatte. Noch heute erinnert die Himmelfahrtsprozession in Vechta an diese glückliche Befreiung. So gelangte die Familie v. Galen in den Besitz der Heedeschen Güter, die ihr heute noch gehören. Freilich ist der alte Edelsitz verschwunden, und nichts mehr erinnert an ihn als der Name „Hausplatz“ für ein niedrig gelegenes Stück Grünland gegenüber dem Pfarrhause von Heede. Hier standen die Baulichkeiten, bis 1855 das Haus des Pächters abgebrochen wurde und die Verwaltung von der Gräflich Galenschen Rentei in Münster erfolgte. An der Bauart der Kirche jedoch kann man deutlich erkennen, dass das Turmgeschoss weit älter ist als die übrigen Teile, es ist die alte Burgkapelle derer von und zu Heede.



Ein ähnliches Schicksal wie die Scherpenborg, nur bedeutend früher, ereilte die weiter nördwärts an derselben Heeresstraße gelegene Burg Rhede. Sie ist bereits im Jahre 1348 der Zerstörung anheimgefallen und ihre Spuren sind zur Zeit nicht bekannt. Wir verlassen daher dieses Gebiet und begeben uns von Rhede über die Ems- und Kanalbrücke nach dem rechten Emsufer, wo wir auf einen zweiten alten Heerweg stoßen.

 

Quelle:

 

Emsländische Burgenfahrt.

 

Ein Wanderbüchlein zur Pflege der Heimatkunde in Stadt und Land.

 

Aus dem Nachlasse des Professors Wenker

bearbeitet von

Studienrat Geppert.

 

Meppen (Ems) 1923.

 

Verlegt bei Heinr. Wegener.

Kontakt / Telefon