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Buchausschnitte

Zur älteren Geschichte der Schärpenburg

Von + Hermann Abels

Über die Zeit der Erbauung der Schärpenburg an der Westseite des Dorfes Heede fehlt uns jede urkundliche oder sonstige schriftliche Nachricht. Aber dennoch läßt sich ihre Entstehung im allgemeinen mit hinreichender Sicherheit schon aus den zeitgeschichtlichen Verhältnissen bestimmen.

Aus der unbestreitbar feststehenden Tatsache, daß sie eine münsterische Burg kleineren Umfangs war,

geht hervor, daß sie von einem Bischof von Münster erbaut wurde, als nach Beendigung des Investiturstreites die Bistümer sich zu Reichsfürstentümer mit eigener Landeshoheit entwickelten und die Bischöfe sich gewöhnten, mehr den Degen um ihren weltlichen Besitz zu führen, als den Krummstab segnend durch die Diözesen zu tragen.

Im Emsland hinderten der Abt von Corvey, mehr aber noch die Grafen von Ravensburg und Tecklenburg den Bischof von Osnabrück an dem Erwerb der Landeshoheit durch ihre ausgedehnten Besitzungen, auch der Bischof von Münster besaß dort Güter, aber sie waren stark zerstreut und wurden damals hauptsächlich benutzt, um eine gewisse Verbindung zwischen der eigentlichen, bis Rheine bezw. Emsbüren gehenden Diözese und dem friesischen Anteile von Diele bis Emden herzustellen und die Schaffung der Landeshoheit im letzteren Bezirke ermöglichen zu helfen, die aber trotz aller Bemühungen an dem Selbständigkeits- und Freiheitssinne des friesischen Stammes scheiterte.

Außerdem mußte Münster, wie Corvey, Ravensburg und Tecklenburg, sich gegen die von Westen her häufig in das Emsland von Ter Apel und später von der Sandzunge Bourtange einfallenden Holländer seines emsländischen Besitzes wehren. Das war in der Zeit von 1122, als der Investiturstreit beendet wurde, bis hauptsächlich 1252, als durch den Vertrag zwischen Sophia von Vechta und Jutta von Monschau („Frau von Mundelo“) der feste Boden für die münsterische Landeshoheit über das Emsland gelegt wurde.

Die Bestrebungen Münsters um eine gesicherte Verbindung mit Ostfriesland und den Schutz der münsterischen Besitzungen (wozu ja auch Heede zählte) stammen schon aus früher Zeit. Bereits 1076 finden wir die Burg Haren in münsterischem Besitz; diese wurde aber von Bischof Hermann II., Grafen von Katzenelnbogen (1174 bis 1203), unvorsichtigerweise der Familie seines Vorgängers, den Tecklenburgern, überlassen, die zum Danke alsbald den münsterschen Besitz schwer bedrohten.

Darauf baute derselbe Hermann II. 1178 gemeinsam mit dem Abte von Corvey die Burg Landegge aus Findlingsblöcken als Turm von acht Meter Durchmesser, insbesondere gegen die Holländer, aber sicher auch als Durchgangsetappe nach Ostfriesland. Ob die münstersche Burg Rhede auch aus dieser Zeit stammt, ist wegen Mangels an Nachrichten nicht festzustellen, entbehrt aber nicht der Wahrscheinlichkeit. Sie war offenbar direkt zum Schutze gegen Ostfriesland bestimmt, zugleich aber auch als Stützpunkt für strategische Operationen, weshalb sie den Ostfriesen besonders verhaßt erschien. Um die Ostfriesen im Unteremsgau, die den Grafen von Ravensburg unterstanden, in Gehorsam zu halten und zugleich die Friesenangriffe vom Hümmling aus abzuwehren, hatte Ravensburg die große Burg Haselünne und die kleinere, aber feste Fresenburg gebaut.

Wohl etwas früher, vielleicht zu Ende des ersten Viertels im 12. Jahrhundert, als die Angriffe der Holländer und Westfriesen über die Bourtange sich mehrten, also zur Zeit wirrer Kämpfe und erbitterter Fehden, ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Schärpenburg bei Heede entstanden. Als Münster etwa ein halbes Jahrhundert später die Burg Nienhaus bei Aschendorf errichtete, erhob sich dagegen in Aschendorf scharfer, auch bewaffneter Widerspruch. Wenn ein solcher mit dem Bau der Schärpenburg verbunden gewesen wäre, hätten wir dadurch vielleicht eine Nachricht über die genaue Bauzeit erhalten. Aber es scheint nicht der Fall gewesen zu sein, wenn auch die Heeder Bevölkerung aus wirtschaftlichen Gründen dem Burgbau kaum günstig gegenübergestanden haben mag.

Die Bauernschaft von Heede stand nämlich vollständig unter der Botmäßigkeit des münsterschen Bischofs, das Dorf selbst gehörte fast ganz dem an Münster lehenspflichtigen Hause Heede, das selbst den besten Boden besaß, und dies umgebenden Bauernhöfe (Hunfelde, Dieckhaus, Syverding (Soring), Olleker, Coßmann, Schuckenbrock, ter Vehr, Schwag, Norda (Leefken) und Werdmann) waren wohl schon damals ebenfalls münsterische Lehnsträger.

Die Ausstattung der neuen Burg mit Ländereien wurde zwar zum Teile vom Hause Heede genommen wie wohl sicher das „Billand“, aber auch die Bauern haben gewiß von ihrem Besitze hergeben müssen, und, wie sich noch jetzt aus dem Schärpenburgschen ehemaligen Lehensgelände nachweisen läßt, nicht den schlechtesten Teil.

Weshalb wurde denn bei Heede die zweite Burg angelegt, da doch das Haus Heede vorhanden war? Die Frage ist nicht schwer zu beantworten. Das Haus Heede, welches in keiner älteren Urkunde als „Burg“ bezeichnet wird, war ein zwar uralter Adelssitz, aber keine Anlage, die zu ernster Abwehr befähigt war. Wenn auch dessen schwache Befestigung sich hätte ausbauen lassen, so war doch seine rückwärtige Lage hinter dem Dorfe an einem großen Emsknie und zu fast dreiviertel vom Flusse eingeschlossen, von den beiden wichtigen Straßen entfernt zu einem haltbaren und den Feind aufhaltenden Verteidigungspunkte völlig ungeeignet.

Quelle: Neue Volksblätter 27.08.1938

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