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Buchausschnitte

Heede

Aus dem Nachlass von Hermann Abels, Paderborn.

Heede wird zwar erst 1212 urkundlich erwähnt und nicht einmal als Dorf, sondern als Lehngut des Bistums Münster; es war in der Zeit, als Münster seinen Besitz im Emslande gegen die Friesen schützen musste und deshalb an der Grenze von Rhede bis zur Papenburg eine Reihe von Burgen baute. Das Haus Heede südwestlich von der jetzigen Kirche war keine Burg im eigentlichen Sinne, sondern ein alter sächsischer Haupthof mit einer Reihe umliegender, von ihm abhängiger Bauernhöfe (Hunfelde, Soring usw.).

Heede gehörte neben Aschendorf und Rhede mit deren Kirchspielen zur Zeit der Einführung des Christentums zum Sächsischen Emsgau (Laingo), der mit dem friesischen Emsgau (Sitz Leer) von demselben Grafen verwaltet wurde. Aus dem Grunde wurde er auch nicht von Osnabrück aus missioniert, sondern empfing das Christentum von dem hl. Ludger zugleich mit dessen aus fünf Gauen bestehenden friesischen Bistumsanteile. Kurz nach der Mitte des 9. Jahrhunderts ging er aber an das Bistum Osnabrück über, und bei der Gelegenheit werden die zu der Taufkirche Aschendorf gehörenden „Kirchen“ erwähnt. In dessen Bereich lag aber außer der schon in früherer Zeit erwähnten Kirche oder Kapelle in Rhede nur noch die in Heede, es kann mit der Mehrzahl also nur noch diese gemeint sein. Dadurch erhält die uralte, zäh bewahrte Volksüberlieferung eine Stütze, dass die Kapelle in Heede eine Gründung des hl. Ludger sei, und zwar in der Form einer ihm privatim gehörenden „Eigenkirche“. Da eine solche aber nur auf kirchlichem Grund und Boden errichtet werden durfte, so deutet diese Eigenschaft darauf hin, dass der Haupthof Heede ebenfalls zu Ludgers Eigentum gehörte, das er bei seinem Tode dem bischöflichen Stuhle von Münster vererbte. Dieser Bistumsbesitz war aber schon früh zwischen dem Bischofe selbst und dem Domkapitel geteilt worden, wahrscheinlich unter Bischof Dodo (969 - 993), und Heede war dem letzteren zugewiesen. Heede erlangte aber in der Zukunft wegen der Grenzburgen für den Bischof eine erhöhte Wichtigkeit, da man dort namentlich zum Schutze des wasserfreien Überganges bei der Burtange nach dem Groninger Land eine Burg errichten wollte. Sicherlich aus dem Grunde wurde 1212 das Haus Heede mit den zu ihm gehörenden Höfen und dem Dorfe vom Domkapitel ausgetauscht, das dafür Besitzungen in Emsbüren erhielt, die Ludger von Karl d. Gr. s. Z. geschenkt waren. Die Heeder Kapelle und spätere Pfarrkirche aber blieb Privateigentum des Hauses Heede, bis sie 1484 bei dem Bau der jetzigen Kirche durch Vertrag an die Dorfgemeinde überging.

Mit dem Bau der Burg in Heede, der Schärpenburg, wird das zu dem Hause Heede unmittelbar gehörende Lehnsgut zwischen beiden geteilt sein, was man noch jetzt deutlich an dem geradlinigen Durchschnitt sehen zu können scheint, der durch das östlich der Kirche an der Ems liegende Weideland „Billand“ (aus „Beelland“, vgl. die verschiedenen sonstigen Beele an der Ems) sich erstreckt.

Zwischen der im Westen liegenden Schärpenburg und dem Hause Heede im Osten bildete sich nun allmählich das jetzige Dorf Heede, in dem die Bauern fast sämtlich einem der beiden herrschaftlichen Häuser gegenüber im Hörigkeitsverhältnisse standen und bis in das vorige Jahrhundert hinein verblieben. So erklärt es sich ebenfalls, dass weder die Klöster Werden und Corvey noch sonst eine weltliche oder geistliche Macht im Gegensatz zu den meisten übrigen Emslanddörfern in Heede irgendeinen Besitz gewinnen konnten.

Die Lehensbesitzer des Hauses Heede nannten sich nach diesem und haben sich niemals durch kriegerische Leistungen hervorgetan, wohl aber in der emsländischen Geschichte sonst eine Rolle gespielt, bis 1665, zur Zeit des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen der letzte des Geschlechtes, Otto von Heede, wahrscheinlich unverheiratet oder kinderlos, eine Magd erschlug und aus Furcht vor Strafe in das feindliche Holland flüchtete. Das Lehen war damit erledigt und der Fürstbischof übergab es seinem Neffen Wilhelm von Galen, dessen Nachkommen, die Grafen von Galen, das Haus Heede noch heute besitzen. Eine unverheiratete Schwester des Otto von Heede wurde mit etwa 3.000 Talern als Erbteil abgefunden.

Die mit der Schärpenborg belehnten Ministerialen und späteren Ritter waren ein kriegs- und fehdelustiges Geschlecht, das bei seiner starken männlichen Nachkommenschaft die Burg alsbald zu eng fand. Deshalb zogen verschiedene Schärpenborger schon bald nach dem damals in der Eindeutschung befindlichen Osten in der Gegend von Ratzeburg, wo sie eine bedeutende Rolle spielten und namentlich auch das Raubritterleben nicht verschmähten, wenn es einträglich war. Im dreißigjährigen Kriege aber verarmten sie und kehrten zum Teile nach Heede zurück, wo ihre Vettern aber auch dem gleichen Schicksale verfallen waren. Die Schärpenburg kam durch Verheiratung der Erbtochter an einen aus dem jetzigen Belgien gekommenen Herrn von Pinning – dessen Geschlecht 1810 ausstarb – und die noch übrigen Träger des Namens Schärpenburg gingen in die Fremde; der letzte männliche Träger des alten Namens starb 1876 in Meppen. Die Burg selbst wurde in den holländischen Kriegen Christoph Bernards von Galen vom Feinde eingenommen und verbrannt, an sie erinnern nur noch Reste von Gräben und vor allem die noch in vollem Wuchse stehende weithin berühmte Riesenlinde, deren Alter auf über 500 Jahre geschätzt wird. Vom Hause Heede ist nichts mehr erhalten; die Zehntscheune wurde als letzter Rest in der Mitte des vorigen Jahrhunderts abgebrochen, nachdem die Zehnten nicht mehr in Naturalien entrichtet wurden.

Eine eigentliche Geschichte des Dorfes Heede ist aus dem Mittelalter nicht überliefert und wird es auch wohl kaum gegeben haben. In der Reformationszeit waren sowohl die Adligen, wie das ganze Dorf zur Neulehre übergetreten; im Jahre 1644 erscheint aber Walburgis von Heede, Priorin des adligen Damenstiftes Gravenhorst bei Rheine, wieder als katholisch, desgleichen auch die Kirche zu Heede; denn Walburgis stiftete in diesem Jahre in ihr einen Altar „zu ihrer und ihrer gottseligen Voreltern Gedächtnis“.

Im 30jährigen Kriege hatte Heede, wie das ganze Emsland, noch bis zum Schlusse schwer zu leiden und wurde nebst anderen Dörfern am Emsufer 1647 fast ganz niedergebrannt. Fast ebenso schwer waren für den Ort die Bedrängnisse in den Kriegszeiten des 18. Jahrhunderts, wogegen in der napoleonischen Zeit Heede sich eines besonderen Wohlstandes erfreuen konnte, da es als Cantonsort einen nicht unbedeutenden Verkehr aufzuweisen hatte. Umso schwerer drückte aber in der Folgezeit der Geldmangel auf die Gemeindeverhältnisse, die sich erst in den jüngsten Jahrzehnten in etwa zum Bessern wandten.

Die im Jahre 1485 vollendete spätgotische Kirche hatte eine gleichzeitige künstlerische Bemalung, welche, soweit aus den bei der Restauration in den letzten Jahrzehnten gemachten Funden zu erkennen, auf die Schule des sog. Liesborner Meisters zurückzugehen schien. Von der ursprünglichen inneren Ausstattung ist nichts übrig geblieben und auch der in der Zeit der Gegenreformation errichtete, künstlerisch nicht unbedeutende Barock-Hochaltar hat leider zu Ende des vorigen Jahrhunderts einem ihm an Kunstwert nicht gleichkommenden neugotischen weichen müssen. Einen Turm hatte die Kirche ursprünglich nicht. Später war ein hölzernes Glockengestell vorhanden, das aber zu Anfang des 18. Jahrhunderts vom Sturme umgeweht wurde, wobei eine der beiden Glocken in Scherben ging. Unter erheblichen Anstrengungen hat die Gemeinde darauf den jetzigen Turm gebaut, der mit für die damalige Zeit überraschendem Geschmacke sich dem Baustile des Ganzen anpasst und der Kirche den Charakter des Einheitlichen gibt. Als Abschluss des Dorfbildes nach Osten könnte man sich nichts Besseres denken.

Die Bewohnerzahl des fast ausschließlich vom Ackerbau lebenden und vom Verkehr seiner Lage halber wenig berührten Ortes hat sich seit vielen Jahrzehnten ungefähr auf der gleichen Höhe um 1.000 Seelen gehalten. In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts waren fast sämtliche Häuser noch aus Fachwerk und mit Stroh gedeckt; jetzt sind sämtliche Strohdächer und die Fachwerkbauten bis auf wenige verschwunden und die ehemalige nordwestfälische Bauweise hat zumeist der sog. friesischen Platz gemacht, die der veränderten Wirtschaftsweise besser entspricht.

Quelle: Mein Emsland Jahrgang 1933 Beilage zur Ems-Zeitung

Druck und Verlag der Ems-Zeitung, Papenburg

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